Jagd auf den Blutmond
Auf der Suche nach Licht und Schatten ist es für mich besonders reizvoll, Landschaften und Gebäude in besonderen Lichtverhältnissen zu fotografieren. Sei es durch nächtliche Beleuchtung oder in Verbindung mit außergewöhnlichen Wolkenformationen, aber natürlich auch mit Mond und Sonnenschein zu bestimmten Tageszeiten, vornehmlich morgens und abends. Solche Gelegenheiten will ich allerdings nicht dem Zufall überlassen, denn dann ist man meist erst vor Ort, wenn die Szene vorbei ist.
So habe ich bei meinen Recherchen (nun ja, es stand in allen Zeitungen und im Internet wurde man auch darauf hingewiesen…) herausgefunden, dass am frühen Morgen des 22. Mai 2022 der Vollmond in der Zeit von 3 Uhr morgens bis zum Sonnenaufgang kurz vor 6 Uhr in eine Mondfinsternis eintreten wird und kurz vor Monduntergang in Richtung Westen als „Blutmond“ zu sehen sein sollte.
Der Blutmond entsteht aufgrund der Lichtbrechung, die entsteht, wenn die Lichtstrahlen durch die Erdatmosphäre auf den Mond abgelenkt werden. Zum besseren Verständnis und wer sich dafür besonders interessiert, hier ein Auszug aus einem Wikipedia-Artikel (Link in der Quellenangabe):
Zitat aus Wikipedia:
„Der bei einer totalen Finsternis vollständig im Kernschatten der Erde liegende Mond ist noch schwach als rötlich gefärbter Blutmond erkennbar. Ursache ist, dass das Sonnenlicht, das den Mond erreicht, einen teilweise mehrere hundert Kilometer langen Weg durch die Erdatmosphäre hinter sich hat.
Durch Rayleigh-Streuung an den Molekülen der Erdatmosphäre werden die kurzwelligen blauen Anteile vom weißen Sonnenlicht deutlich stärker in andere Richtungen durch Streuung geschwächt als die langwelligen roten Anteile.
Dadurch besteht das die Erdatmosphäre passierende Licht fast nur noch aus rötlichen Anteilen. Durch die Atmosphäre wird das Sonnenlicht um maximal 2,2° nach innen abgelenkt (siehe auch terrestrische Refraktion). Daher dringt es teilweise in den Kernschatten der Erde ein und trifft somit auch auf die Mondoberfläche. Der Anblick des während einer Kernschattenfinsternis braun-rötlich verdunkelten Mondes wird in den Medien auch als Kupfermond oder Blutmond bezeichnet.
Die maximal mögliche Dauer einer totalen Mondfinsternis beträgt etwa 106 Minuten.“ *)
Zur Verdeutlichung füge ich hier aus dem Artikel in Wikipedia die in Primärfarben wiedergegebenen entsprechenden Bilder ein. Deutlich zu sehen ist, dass der blaue Anteil sehr gering ausfällt.
Recht schnell reifte in mir der Gedanke, den Kölner Dom mit dem Blutmond zusammen abzulichten.
Schon einmal im April 2015 hatte ich das Glück, den Blutmond beim Mondaufgang am frühen Abend einzufangen.
Einige eindrucksvolle Bilder dieser Aktion sind auf meinem Fotocommunity-Portfolio zu sehen, der Link dazu ist ganz unten auf dieser Seite. Hier zeige ich nochmal den Mond alleine, wie ich ihn gerne für die neue Aktion sehen wollte.
Das Ziel war klar, doch welcher Ort bot die beste Sicht auf Dom und Mond? Mit Hilfe verschiedener Apps wie Sun-Surveyor und Photo-Pills kristallisierte sich dann die Zoobrücke als geeigneter Standort heraus.
Dieser Standort war zwar nicht optimal, denn der Mond würde rechts vom Dom untergehen, was aber nicht anders zu realisieren war, denn ein an sich optimaler Standort auf der rechten Rheinseite der Brücke wäre an den Gebäuden der Köln-Messe gescheitert, die den Blick versperrt hätten.
Nachdem nun alles vorbereitet war, Kamera und Stativ griffbereit, musste nur noch das Wetter mitspielen. Am Vorabend des Ereignisses schon mal ein Check aller Wetterdienste, die ich ausfindig machen konnte, signalisierte eine 50/50 Möglichkeit einer freien Sicht.
In der Nacht ging es dann los um 3:30 Uhr, ein Blick in den Himmel zeigte funkelnde Sterne, was mich sehr zuversichtlich stimmte. Doch als ich gegen 4 Uhr auf der Brücke ankam, war ich wenig erfreut über den Anblick des Mondes, der recht verschwommen hinter Schleierwolken die Szenerie beleuchtete. Doch das sollte mich nun nicht mehr aufhalten, denn einmal vor Ort angekommen, wollte ich schauen, was aus der Situation zu machen ist.
Also baute ich zunächst mal mein Stativ auf und machte die Kamera bereit. Und wartete auf ein besseres Erscheinungsbild des Mondes…
Schließlich konnte ich um 4:24 Uhr ein erstes Bild der Szenerie aufnehmen, wie man sehen kann, mit einem durch Schleierwolken diffus erscheinenden Mond:
ISO 100
f / 3.2
4,0 sek.
70 mm
04:24:35
In Schwarz/Weiß gefällt mir dieses Bild als Auftakt der Serie sehr gut, es spiegelt das Leitmotiv der Aktion wider, denn der Mond musste sich entscheiden, ob er zu sehen sein sollte, also weiß, oder ob er hinter Wolken versteckt wäre, also schwarz.
Natürlich habe ich auch einige andere Einstellungen vorgenommen, hier ein Beispiel mit höherer Iso-Einstellung und dafür kürzerer Belichtungszeit, das Schiff ist auch schon ein Stück weitergefahren:
ISO 800
f / 3.2
1/5 sek.
70 mm
04:26:36
Einige Minuten später erschien mir der Mond überraschend deutlicher, was meine Hoffnung auf freie Sicht beflügelte. Die Wolken schienen ein Einsehen zu haben und zogen ab. Es war gerade mal 4:34 Uhr, da konnte ich den Mond schon klarer erkennen, wobei nun bereits die beginnende Finsternis anhand des Erdschattens zu erkennen war, der den Mond fast zu einem Drittel bedeckte.
ISO 200
f / 3,2
13,0 sek.
70 mm
04:34:33
Allerdings war auch im noch sehr hellen Mondschein eine unangenehme Wolkenformation am Horizont wahrnehmbar und das recht deutlich, was mir ein Magengrummeln einbrachte.
Gegen 4:40 Uhr waren die letzten Wolkenreste abgezogen und der Mond zeigte sich endlich völlig frei und klar. Die Gelegenheit nutzte ich sofort, den schon fast zu einem Drittel vom Erdschatten bedeckten Mond eindrucksvoll in Szene zu setzen.
ISO 100
f / 3.2
1/10 sek.
200 mm
04:40:26
Als kurze Zeit später das nächste Schiff durch die Szenerie fuhr, war es dann schon mit der Herrlichkeit des Mondes vorbei. Die Wolkenformation rückte zwar nicht näher, aber sie zog auch nicht ab, sondern blieb wie angewurzelt an Ort und Stelle. Auch meine Drohungen und Verwünschungen in Richtung Himmel halfen nichts, der Mond sank immer tiefer in die Wolken hinein.
ISO 3200
f / 2,8
0,5 sek.
95 mm
04:45:18
Im Minutentakt ging es nun abwärts mit dem Mond, es ist schon erstaunlich, wie schnell sich Sonne und Mond doch bewegen. Das wird einem erst so richtig bewusst, wenn man die Relation zum Horizont genau vor Augen hat. Meine Hoffnung schwand jedenfalls im selben Tempo wie der Mond zum Horizont heruntersank. Der erste milchige Schleier war nun zu sehen.
ISO 3200
f / 2,8
2,0 sek.
95 mm
04:47:09
Gefolgt von deutlich strukturierten Wolkenfetzen.
- ISO 400
- f / 2,8
- 4,0 sek.
- 125 mm
- 04:49:22
Lange würde es nun nicht mehr dauern, um 4:53 Uhr neigte sich die Szene dem Ende entgegen.
ISO 100
f / 2,8
15,0 sek.
70 mm
04:53:52
Schließlich beendete der Mond um 4:55 Uhr mit einem letzten Lichtstrahl seinen Auftritt.
ISO 100
f / 2,8
3,2 sek.
70 mm
04:55:14
In der folgenden Stunde bis zum endgültigen Zeitpunkt des Mondunterganges besserte sich die Situation nicht, obwohl ich natürlich die Hoffnung nicht aufgab. Ich wartete also auf der Zoobrücke bis zu dem Augenblick, an dem der Mond über dem Horizont, komplett im Erdschatten, in blutroter Farbe zu sehen wäre. Die Zeit vertrieb ich mir mit ein paar belanglosen Bildern und einigen Spielereien mit der Kamera, die es aber nicht zu zeigen lohnt.
Zweifellos hätte sich hier die Möglichkeit ergeben, ein spektakuläres Bild zu schießen, denn der Schauplatz wurde nun auch von hinten durch die aufgehende Sonne angestrahlt. Das letzte Bild der Serie will ich auch zeigen, exakt zum entscheidenden Moment aufgenommen. Der Mond wäre zu sehen, etwa in der Mitte zwischen Dom und dem Hochhaus ganz rechts, genau auf dem Horizont.
ISO 50
f / 22
0,3 sek.
42 mm
05:46:25
Nachdem der Zeitpunkt verstrichen war und es auch immer heller wurde, erschien es mir ratsam, die Heimreise anzutreten. Denn mit Tagesbeginn tauchten auf der Zoobrücke immer mehr verständnislose Fahrradfahrer auf, die allesamt nicht den breiten Fahrradweg benutzten, sondern auf dem Gehweg, auf dem ich ja nun auch mit dem Stativ zugegen war, mit ordentlicher Geschwindigkeit heranbrausten und teilweise ausfällig wurden, warum ich da im Wege stünde. Schwamm drüber…
Trotz der aus fotografischer Sicht mißlungenen Aktion war ich froh, vor Ort gewesen zu sein und wieder einmal einen Monduntergang und einen Sonnenaufgang live erlebt zu haben. Denn, auch wenn ich mit der Kamera beschäftigt bin, bleibt zwischen den einzelnen Bildern genug Zeit, die Natur zu spüren und in sich aufzunehmen.
Wichtig ist es für mich, den Versuch zu machen, egal ob die Bedingungen ideal sind oder nicht. Der Reiz des Ungewissen hat ja auch was Spannendes in sich. Meine nächste Tour habe ich schon im Kopf…
Ein Hinweis:
Alle hier gezeigten Bilder sind in der Galerie unter der Kategorie „Spezial“ noch einmal in voller Bildschirmgröße zu sehen.
*) Seite „Mondfinsternis“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. Juni 2022, 14:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Mondfinsternis&oldid=223696396 (Abgerufen: 18. Juni 2022, 15:16 UTC)